Wachstumskern Diodenlaser
Schneiden, schweißen, sintern oder bohren mit nur schuhkartongroßen Systemen
Das Förderprojekt „BrightLas“ trimmt Direktdiodenlaser und Pikosekundenlaser für die industrielle Oberflächenbearbeitung. Dafür werfen zehn Unternehmen, zwei Hochschulen sowie das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, geballtes Laser-Know-how zusammen. Ein Drittel der Akteure stammt aus Adlershof.
Kräftige Zugpferde braucht die Region. Geht es nach Nils Kirstaedter, Geschäftsführer der Lumics GmbH und Sprecher des frisch bewilligten Projekts „BrightLas“, dann wird er im Kreise der Projektpartner in den nächsten drei Jahren einen Ackergaul mit Vollblutqualitäten schaffen.
Gefördert im Programm „Innovative regionale Wachstumskerne“ der Innovationsinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für die Neuen Länder, Unternehmen Region, treten insgesamt 13 Projektpartner an, um die Leistung und Strahlqualität von Diodenlasern soweit zu steigern, dass sie teure, raumgreifende und obendrein energieintensive Festkörper-, Faser- und Scheibenlaser aus industriellen Prozessen verdrängen können.
Gelingt es, direkt mit Dioden zu schneiden, zu fügen, zu schweißen, zu sintern und zu bohren, wäre damit wahrlich ein Wachstumskern gesät. Zum präzisen Strukturieren von Oberflächen oder für Miniaturbohrungen ist die Pulsspitzenleistung von Diodenlasern allerdings um mehr als einen Faktor Tausend zu klein, deshalb werden spezielle Pikosekundenlaser, die mit den neuen Diodenlasern gepumpt werden, entwickelt.
Noch reicht die Leistung der günstigen, effizienten Dioden bei Weitem nicht für die Oberflächenbearbeitung von Metallen & Co. Die Energie muss bisher aufwendig konvertiert werden. Folge: Industrielaser sind groß wie Kühlschränke, übertragen das Licht über lange Fasern auf bewegliche Roboterarme und benötigen das Dreifache der Energie, die zur Oberflächenbearbeitung gebraucht wird. Bei Leistungen um zehn Kilowatt (kW), die oft im Dreischichtbetrieb abgerufen werden, schlägt sich das in enormen Stromkosten nieder.
„BrightLas“ möchte nicht nur die Konvertierung in Festkörpern und die Übertragung über Fasern überflüssig machen, sondern die robusten, langlebigen und preiswerten Dioden-Systeme auf Schuhkartongröße bringen. Dann könnten sie direkt auf Bearbeitungsmaschinen oder auf Roboterarme montiert werden.
Laserdioden mit 50 Prozent mehr Leistung
Kirstaeder lässt keinen Zweifel daran, dass die Ziele des Projekts hochgesteckt sind. „Alle Projektpartner müssen in ihrem Bereich der Wertschöpfungskette das Optimum herausholen“, sagt er. Das beginnt bei seiner Lumics GmbH. Um satte 50 Prozent will sie die Leistung marktüblicher Laserdioden in der Projektlaufzeit steigern und setzt auf tatkräftige Unterstützung und Know-how der Adlershofer Nachbarn vom Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), und von der DirectPhotonic Industries (DPI) GmbH.
Das FBH entwickelt auf das Lasersystem maßgeschneiderte Diodenlaserchips, deren Designs auf höchste Effizienz und Leistungsdichte optimiert werden. „Die Leistungssteigerung ist möglich, wenn wir es schaffen, den State of the Art auszureizen“, ist Kirstaedter überzeugt. Zentrale Voraussetzung dafür ist es, die entstehende Wärme aus dem System abzuführen. Hier kommen Forscher der TU Berlin ins Spiel, die Silberlote im Nanomaßstab für Hochleistungswärmesenken nutzbar machen wollen, und die Firma Cicor Microelectronics, die Hochleistungswärmesenken aus Kupfer-Diamant entwickeln.
Dichtes Wellenlängen-Multiplexing
Die massive Leistungserhöhung der Dioden allein reicht für industrielle Oberflächenbearbeitung nicht aus. Die Projektpartner planen die Kraft der Einzeldioden mit einer ausgefeilten Optik zu vervielfachen, indem sie die Wellen übereinander lagern. Dichtes Wellenlängen-Multiplexing lautet der Fachbegriff des Vorhabens, das Lumics, DPI und der vierte Adlershofer „BrightLas“-Partner C2Go inprocess solutions umsetzen wollen.
„Ideal wäre es, die Phasen aller Dioden gleichzuschalten“, erklärt Projektsprecher Kirstaedter. Doch das sei steuerungstechnisch kaum realisierbar. Alternative sind die im Vorfeld des Projekts patentierten dichten Wellenlängen-Multiplexe. Dabei werden mehr als 100 Lichtstrahlen einzelner Laserdioden mit unterschiedlicher Wellenlänge überlagert und damit die Leistungsdichte im Lichtstrahl um mehr als das Hundertfache gesteigert.
Die Laserdiode emittiert Licht in der Regel mit einer Wellenlängenbreite um 6 Nanometer (nm). Das Wellenlängenband guter Dioden reicht von 900 bis 1030 nm. In diesem Spektrum von 130 nm sind bei 6 nm Wellenlängenbreite ganze 21 Überlagerungen möglich. „Das ist viel zu wenig“, erklärt er. Minimum sei das Fünffache, welches mit dem Trick des dichten Wellenlängen-Multiplexen möglich ist.
Durch gezieltes Einengen der Wellenlängenbreite wollen es die Partner erreichen. Die Schlüsseltechnologie dafür liefern die Dresdener AOS GmbH und das Otto-Schott-Institut (OSI) der Uni Jena: Ein höchst aufwändiges Glas, in das ein lichtbrechendes Gitter integriert ist, das aber zugleich lichtdurchlässig ist. Dank exakter Brechungsindexmodulation überlagern sich die Wellen. Es entsteht eine stehende Welle mit der Wellenlängenbreite. „Das nötige Know-how hat Christian Rüssel, Professor für Glaschemie am OSI, noch in Kooperationsprojekten mit Sowjetwissenschaftlern erarbeitet“, berichtet Kirstaedter. Weltweit gebe es kaum eine Handvoll Menschen, die um die Fertigung dieses Glases und die Fixierung des Gitters wissen.
C2Go kommt es im Projekt zu, Dioden und Optikbaugruppen zu kW-Systemen zu montieren. Weitere Partner, wie die Berliner Scansonic MI GmbH, die SITEC Industrietechnologie GmbH aus Chemnitz, die Nauener Pac Tech GmbH oder Smart Pac GmbH werden diese in Maschinen und Anlagen integrieren. Unterstützt werden sie dabei von Fertigungsforschern der TU Berlin. Die Maschinenbauer sind scharf auf die Diodenlaser und die Pikosekundenlaser, um ihren Kunden aus Automobil-, Batterie- oder Halbleiterindustrie robustere, günstigere und energieeffizientere Schweiß-, Schneid- und Bohrtechnik oder auch 3-D-Drucker anbieten zu können.
Engeres Packaging von Halbleiterchips
„Spannend für die Pikosekundenlaser ist unter anderem eine Anwendung für engeres Packaging von Halbleiterchips, in der diese gestapelt, als Stapel durchbohrt und dann durch diese Bohrung hindurch kontaktiert werden“, erläutert Kirstaedter. Die Laser bohren staubfrei und schnell – 15.000 Löcher pro Sekunde sind machbar. Die Berliner Firma Atum-Laser baut die dafür benötigten Ultrakurzpuls-Laser, gezielt für diese Applikation. Andere Ideen sind duale Systeme aus einem Dioden- und Pikosekundenlaser, um schwierige Materialien wie Alu und Kupfer zu verbinden. Pikosekundenlaser im sichtbaren Spektralbereich sollen die Materialien anschmelzen, ehe die Dioden-Infrarotlaser für die Verbindung sorgen.
„In der Summe ein schöner Wachstumskern, der die gesamte Wertschöpfungskette von der Einzelkomponenten bis zur Maschine abdeckt“, sagt der Projektsprecher. Allerdings sei die Breite eine der großen Herausforderungen des Projekts. Denn es gilt, zwischen allen 13 Partnern zu vermitteln und einander ständig auf dem Laufenden zu halten. „Das ist mit den kurzen Wegen in Adlershof natürlich leichter zu organisieren als mit den Partnern in Jena, Chemnitz, Dresden oder Radeberg“, sagt er. Darum habe „BrightLas“ eine Geschäftsordnung und werde über ein eigens geschaffenes Controllingsystem ständig die Fortschritte überwachen. Für diese Koordination und Administration sei die staatliche Förderung ein Segen. Um den „Vollblut-Ackergaul“ bis 2016 wirklich ins Laufen zu bringen, müssen nun aber vor allem die Forscher der 13 Partner ihre klugen Köpfe zusammenstecken.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal
www.unternehmen-region.de/de/7630.php
www.lumics.com
www.c2go.de
www.directphotonics.com
www.fbh-berlin.de