Adlershofer Urgestein
Biophysiker Helge Neumann nimmt Abschied – Der langjährige Leiter des Internationalen Büros der WISTA hat das Adlershof-Modell weltweit verbreitet
Es gibt so vieles, was Helge Neumann in Adlershof angepackt hat. Seit mehr als 30 Jahren ist der Biophysiker bei der WISTA aktiv. Doch so unterschiedlich die Projekte auch sein mögen, sie zeichnen sich alle durch Kreativität und Offenheit aus. Und durch Internationalität. „Wir wollten stets das Wissen weitergeben, wie man einen solchen Ort der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft aufbaut“, sagt der langjährige Leiter des Internationalen Büros in Adlershof und nennt beispielsweise Frankreich und andere europäische Länder als Kooperationspartner. Bis in die Mitte der 2010er Jahre gab es gute Zusammenarbeit mit Moskau sowie kürzlich auch Projekte mit Polen, der Ukraine, Armenien und Thailand, oft in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität (HU).
Gerne erinnert sich Neumann, bis 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ehemaligen DDR-Akademie der Wissenschaften, an die Zeit nach der Wende, als um die Zukunft von Adlershof gerungen wurde. „Es ist gelungen, die Kraft, die dieser Standort aufwies, die Konzentration wirtschaftlicher und technischer Arbeit, neu zu strukturieren.“ Die Konzepte der Entwicklungsgesellschaft Adlershof und dann der WISTA ließen einen weltweit angesehenen Wissenschafts- und Technologiepark entstehen. Die internationalen Kooperationen blühten auf. Es gab ein Deutsch-Französisches und auch ein Deutsch-Russisches und schließlich das Internationale Büro. Damit konnten Adlershofer Institute und Unternehmen bei der weltweiten Vernetzung effektiv unterstützt werden.
Beispielhaft nennt Neumann die zeitweilig enge Kooperation mit dem Technologiepark in Tucson, Arizona, etwa bei der Messe „Photonics West“. Auch mit der „International Association of Sience Parks“ gab es anregenden Austausch von Ideen und Erfahrungen. Viel wurde über Aufbau und Entwicklung von Technologieparks in unterschiedlichen Regionen diskutiert. Das Adlershofer Beispiel ist dabei gut angekommen. Auch sonst war WISTA-Manager Neumann viel unterwegs, etwa bei der australisch-deutschen Start-Up-Konferenz Hub in Perth und Brisbane.
Seit 2017 ist Neumann nun offiziell in Rente, doch so einfach konnte sich der sportliche, lauffreudige Treptower nicht aus seinem Büro verabschieden. Zwei Tage pro Woche ist er noch freiberuflich als Berater für die WISTA-Geschäftsführung aktiv, wie kürzlich bei einer Jobbörse im Adlershofer Zentrum für erneuerbare Energien und Photovoltaik. Adlershofer Hightech-Unternehmen haben dort Postdocs, Graduierte und Studierende informiert und umworben. Es gab viele Jobangebote, etwa für die Bereiche Photonik, neue Materialien oder Lasertechnik und fürs Werkstudium.
Die Angebote richten sich auch an Geflüchtete, darunter auch aus der Ukraine, der sich Neumann sehr verbunden fühlt. 1970 begann er das Biophysik-Studium an der Universität von Kiew, das er 1975 mit dem Diplom beendete. Sein letztes WISTA-Projekt, vom Bundesforschungsministerium finanziell gefördert, galt seit 2017 dem Aufbau eines Technologieparks in Kiew. Eine Gruppe ukrainischer Wissenschaftler hatte sich auf Einladung der Bundesregierung zunächst in München und Hamburg und schließlich in Berlin informiert. Die Entscheidung fiel eindeutig für das Adlershofer Modell. „Das ausgearbeitete Konzept haben wir Anfang Februar 2022 abgeliefert, kurz bevor die russische Armee die Ukraine angegriffen hat“, erzählt Neumann.
Mittlerweile engagiert er sich ehrenamtlich zwei Tage in der Woche bei der Flüchtlingshilfe. Die berufliche Zusammenarbeit mit den ukrainischen Experten und sein Studienaufenthalt in Kiew hätten ihm dafür einen „sehr großen Push“ gegeben. Dieses Engagement will Neumann beibehalten, die freie WISTA-Tätigkeit aber bald beenden. Zuvor soll gemeinsam mit der Humboldt-Universität noch ein EU-Projekt, an dem weitere neun Länder beteiligt sind, auf den Weg gebracht werden. Das Ziel – auch in Zusammenarbeit mit Schulen – ist es, Jugendliche für das Studium naturwissenschaftlicher oder technischer Fächer zu begeistern. Das Projekt will der Biophysiker bis Ende des Sommers abgeben. „Wir arbeiten jetzt neue Leute ein, die werden das weiterführen. Ich werde demnächst 72 Jahre und denke, jetzt ist es eigentlich auch gut“, sagt der Wissenschaftler, der zu den am längsten im Adlershofer Technologiepark Tätigen gehört.
Dr. Paul Janositz für Adlershof Journal