Erneuerbare Off-Grid-Systeme eröffnen neue Wege für Klimaschutz und Stromversorgung
Forscher des Reiner Lemoine Instituts (RLI) legen Studie zur Bedeutung von Off-Grid-Systemen vor
Um bis 2030 allen Menschen Zugang zu Stromversorgung zu ermöglichen, müssen insgesamt mehr als 1,2 Milliarden Menschen einen neuen Zugang zu Elektrizität erhalten. Die Mehrheit hiervon gilt als stark bedroht durch die Auswirkungen des Klimawandels. Forscher*innen des Reiner Lemoine Instituts (RLI) untersuchten daher zusammen mit dem Klimaberatungsnetzwerk the greenwerk. in einer global angelegten Studie die Bedeutung von Off-Grid-Systemen (Mini-Grids und Solar-Home-Systems) für nachhaltige Elektrifizierung (SDG 7) sowie für die Minderung des Klimawandels und seiner Folgen (SDG 13). Insbesondere wurden die Auswirkungen von Off-Grid-Technologien auf den Zugang zu Elektrizität in 52 Zielländern mit niedrigen Elektrifizierungsraten quantifiziert. Darüber hinaus wurden das Marktpotenzial, das Potenzial, Treibhausgasemissionen zu reduzieren sowie der jeweilige sozioökonomische Nutzen analysiert.
„Elektrifizierung und Klimaschutz müssen stärker miteinander verknüpft werden, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen“, fasst Philipp Blechinger, Leiter des Forschungsbereichs Off Grid-Systems am Reiner Lemoine Institut, die Ergebnisse zusammen. „Off-Grid-Systeme mit Erneuerbaren können eine wichtige Rolle spielen bei der Verfügbarkeit von Energie und sie können auf billigere, sauberere und intelligentere Weise zu Klimaschutz und Klimaresilienz beitragen.“
Erneuerbare Off-Grid-Systeme sind billiger
Um einen universellem Stromzugang bei minimaler Energieversorgung für Haushalte unter aktuellen politischen Rahmenbedingungen zu erreichen (Im Bericht: uEA-Szenario), wären Anfangsinvestitionen in Höhe von etwa 400 Milliarden US-Dollar erforderlich. Ein starker Fokus auf Off-Grid-Elektrifizierung (prOG-Szenario) würde den Investitionsbedarf im Fall einer geringen Stromnachfrage um 30 Prozent und im Fall höherer Stromnachfrage immer noch um 5 Prozent senken. Solar Home Systeme (SHS) gelten als die kostengünstigste Lösung für die Elektrifizierung von Haushalten mit geringer bis mittlerer erwarteter Nachfrage.
Erneuerbare Off-Grid-Systeme sind sauberer
Unsere Analyse der Treibhausgasemissionen zeigt einen starken Minderungseffekt durch Off-Grid-Systeme mit Erneuerbaren Technologien bei einer Ausweitung des Zugangs zu Energie. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die höchsten Pro-Kopf-Emissionen bei Personen ganz ohne Stromanschluss (durch Petroleumlampen) und mit Anschluss an ein zentrales Netz auftreten. Im Gegensatz hierzu verursacht die netzunabhängige Elektrifizierung nur geringfügige (Mini-Grid) oder gar keine (SHS) Emissionen. Die kumulierten CO2-Einsparungen für die verschiedenen Elektrifizierungsszenarien reichen von 211 bis 283 Millionen Tonnen (uEA-Szenario) und von 488 bis 872 Millionen Tonnen (prOG-Szenario) im Vergleich zu einem Business-as-Usual-Szenario für den Zeitraum 2017–2030.
Erneuerbare Off-Grid-Systeme können lokale Lebensgrundlagen erheblich verbessern
Der Vergleich von Off-Grid-Lösungen und netzgebundener Elektrifizierung zeigt, dass Netzerweiterungen häufig keinen zuverlässigen Zugang zu Energie bieten, da diese bei schwachen Netzen hohe Kapazitäten, aber nur wenig Energie liefern. Im Gegensatz hierzu ist eine netzunabhängige Elektrifizierung häufig die intelligentere Lösung. Diese bietet flexiblen und zuverlässigen Strom für die schnelle Umsetzung verschiedener Aktivitäten zur Verbesserung der Lebensgrundlagen in ländlichen Gebieten. Auf Erneuerbaren Energien basierende Lösungen außerhalb des zentralen Stromnetzes bieten nicht nur eine verbesserte Widerstandsfähigkeit gegenüber Folgen des Klimawandels für Mensch und Umwelt, sondern auch nachhaltige, auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnittene Entwicklungsmöglichkeiten.
Politische Maßnahmen sind notwendig
Nationale und internationale Institutionen sowie die Privatwirtschaft müssen zusammenarbeiten, um Mini-Grids und Solar Home Systeme im Sinne der Ziele für nachhaltige Entwicklung stärker zu fördern. Wir empfehlen Maßnahmen in neun Bereichen, die sich aus detaillierten Analysen der wichtigsten Hindernisse und Lösungen für die netzunabhängige Elektrifizierung sowie intensiver Forschung vor Ort ergeben haben. Hierzu gehören der dringend benötigte Zugang zu Finanzierungsmitteln sowie die Notwendigkeit, dass lokale Richtlinien und Vorschriften so vorteilhaft wie möglich für Mini-Grids und Solar-Home-Systeme gestaltet werden. Eine integrierte und ganzheitliche Elektrifizierungsplanung ist erforderlich wie auch Schulungsprogramme, um die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Mitarbeiter*innen und Expert*innen zu gewährleisten, die die spezifischen Merkmale von Off-Grid-Systemen mit Erneuerbaren Energien verstehen und anwenden können.
Vollständiger Bericht und interaktive Szenarien
Detaillierte Informationen finden Sie im vollständigen Bericht „Off-Grid Renewable Energy for Climate Action“ (Zusammenfassung und wichtigste Ergebnisse auf den Seiten 7 bis 9, empfohlene Maßnahmen auf den Seiten 60 und 61) sowie in den interaktiven Szenarien im Renewable Energy Off-Grid Explorer, die den Investitionsbedarf und das CO2-Einsparungspotenzial verschiedener Technologien darstellen für verschiedene Szenarien und verschiedene Stufen des Zugangs zu Energie.
Off-Grid-Systeme mit Erneuerbaren für einen nachhaltigen Energiezugang für alle (SDG7) sowie die Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen (SDG13) bilden einen Schwerpunkt in der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderten und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) koordinierten Forschung.
Pressemitteilung RLI vom 29.01.2020
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