Fahrplan für die Zukunft
Neue Gewerbeflächen auf dem Gebiet der „Gleislinse“
Weitblick, Beharrlichkeit und Kooperation lassen ein Projekt wahr werden, das Berlin dringend braucht: Neue Gewerbeflächen auf dem Gebiet der „Gleislinse“. Von dem Areal zwischen Betriebsbahnhof Schöneweide und S-Bahnhof Adlershof werden künftig für den ganzen Stadtteil Impulse ausgehen.
Es war ein Hürdenlauf, der vor fast zehn Jahren begann. Doch die meisten Hindernisse sind überwunden, jetzt ist die Ziellinie in Sichtweite. Drei Partner – die Deutsche Bahn, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin und ihr Träger, die Adlershof Projekt GmbH – lassen die 45 Hektar große Brache der Gleislinse aufleben. Der Bebauungsplan für das Gelände mit dem denkmalgeschützten Ringlokschuppen steht und führt es mit Volldampf in eine pulsierende Zukunft. Denn hier werden öffentliche Straßen und Grünflächen entstehen, sodass sich in den kommenden Jahren auf 33 Hektar Gewerbe ansiedeln kann. Außerdem wird der Betriebsbahnhof Schöneweide nicht nur von zwei Seiten über eine neue Brücke für Radfahrer und Fußgänger zu erreichen sein, er wird auch mit neuen Gebäuden und einem großzügigen Vorplatz – dem Gustav-Hertz-Platz – einen bisherigen „Un-Ort“ urbanisieren.
Die für all das geleistete Vorarbeit war immens: „Wir haben einen drei Kilometer langen Gleisarm an den Rand des Geländes verlegt“, erklärt Wolfgang Stahnke, Projektleiter der DB AG. Dadurch kann nun die Wagner-Régeny-Straße, die das Gebiet der Länge nach durchmisst, auf insgesamt vier Kilometer verlängert werden, was die Grundstücke zugänglich macht. Ein Schmankerl: „Ein Teil der Flächen kann über Anschlussgleise mit der Bahnstrecke verbunden werden, sodass nicht alle Güter über die Straße bewegt werden müssen“, sagt Stahnke.
Die Bahn investiert 17 Millionen Euro in die Flächenentwicklung. Weitere 16 Millionen steuert das Land Berlin bei, wovon rund 90 Prozent aus dem Topf für GRW-Mittel stammen. Gut angelegtes Geld: „Die Gleislinse ist eines der derzeit bedeutendsten Gewerbeflächenpotenziale der Stadt. Hier werden große Gewerbeflächen zeitnah entwickelt, die die wachsende Stadt braucht“, sagt Dominique Sandten, Projektmanagerin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. „Vor zehn Jahren hätte niemand erwartet, dass es heute in Berlin einen derart großen Bedarf an Gewerbeflächen geben würde“, ergänzt Frank Wittwer, Projektmanager der Adlershof Projekt. Derweil berichtet Stahnke von etlichen Kaufanfragen. Die Grundstücksgrößen sollen passgenau bemessen werden: „Das ist wie an der Fleischtheke. Dort wird dem Kunden auch genauso viel von der Wurst abgeschnitten, wie er möchte“, bemerkt Stahnke.
Insgesamt wird Adlershof profitieren: Der nördliche Teil des Entwicklungsbereichs wird mit dem Ortskern von Adlershof verbunden. Eine Brücke über die Gleise und Bundesstraße wird den Weg vom Landschaftspark Johannisthal zur Köllnischen Heide verkürzen. Ein Grünzug entlang der Bahntrasse ist öffentlich – und einer der neuen Heimatorte für die geschützten Zauneidechsen. Die Tiere haben das Team besonders auf Trab gehalten, weil für sie lange keine ausreichend großen Ausweichhabitate gefunden wurden. Nach jahrelanger Suche, Diskussionen mit Behörden und Naturschutzverbänden wurde eine Lösung gefunden: Die Zauneidechsen werden sukzessive abgesammelt und in verschiedene neu hergerichtete Gebiete in Berlin sowie auch an der nahen Bahntrasse angesiedelt. Teils wurden Dornensträucher gepflanzt, Sandwälle aufgeschüttet und Magerrasen gesät, um ihre natürliche Umgebung herzustellen. Die Tiere leben nicht mehr im Mittelpunkt der Gleislinse. Denn dieser wird künftig ein neues Gewerbezentrum, das hervorragend an das Verkehrsnetz angeschlossen ist.
von Chris Löwer