Selbstheilung durch Licht und Wärme
Forscherteam unter Leitung der HU entwickelt intelligente, sich selbst reparierende Kunststoffbeschichtung
Ein Team unter Leitung von Forschern der Humboldt-Universität zu Berlin hat erstmals Kunststoffbeschichtungen entwickelt, die mit Hilfe von Licht gezielt Beschädigungen heilen können. Eine durch Erwärmen hervorgerufene Selbstausbesserung des Materials findet nur dort statt, wo die beschädigte Stelle vorher mit Licht einer bestimmten Farbe beleuchtet wurde. Die vielversprechenden Ergebnisse dieser Studie wurden nun in Nature Communications veröffentlicht.
Muss ein stark beschädigter Alltagsgegenstand ausgewechselt werden, ist das zumeist umweltbelastend und teuer. Um dies in Zukunft zu vermeiden, arbeiten Forscher seit Jahren an der Entwicklung neuer Materialien, die Kratzer oder Risse reparieren können. Besonders Kunststoffbeschichtungen, die sich durch Hitzeeinfluss selbst ausbessern, sind stark in den Fokus der Forschung gerückt. Werden derartige Materialien erwärmt, fangen sie durch eine chemische Reaktion an zu fließen und ermöglichen eine gleichmäßige und komplette Ausbesserung des Schadens. Beim Erkalten erhärtet der Kunststoff erneut und wird unter Ausbildung der ursprünglichen chemischen Struktur wieder robust. Allerdings werden die Eigenschaften des Materials durch die thermische Belastung des Heilverfahrens nach und nach in Mitleidenschaft gezogen, sodass dieses schließlich unbrauchbar wird.
Um diese Probleme zu umgehen, hat ein Forscherteam von der Humboldt-Universität zu Berlin, der Friedrich-Schiller Universität in Jena, der Berliner Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie des Helmholtz-Zentrum Geesthacht in Teltow eine intelligente Kunststoffbeschichtung entwickelt, in der mittels gezielter Bestrahlung mit Licht die thermische Heilung auf den Bereich der Beschädigung reduziert wird.
„Unser Ziel war es, die unversehrten Teile einer Beschichtung vor Alterung zu schützen.“, sagt der leitende Wissenschaftler Stefan Hecht und fügt hinzu: „Indem wir Licht als Stimulus verwenden, halten wir eine Fernbedienung in unseren Händen, die in der Lage ist, die Ausbesserungsfähigkeit unseres Materials je nach Bedarf an- und auszuschalten.“ Werden beschädigte Bereiche der Beschichtung beleuchtet, wird die Ausbesserungsfunktion erst ermöglicht. Durch Licht einer anderen Wellenlänge kann der Vorgang rückgängig gemacht werden und das ursprüngliche Material wird wieder erhalten – nun aber in seinem intakten Zustand.
Diese wegweisende Entwicklung ermöglicht zukunftsnah die Verwendung fernsteuerbarer Materialien in verschiedenen Alltagsprozessen und Produkten. So könnten diese Beschichtungen als Lacke in Anwendungen wie der prozessorientierten Nanofabrikation oder auch im 3D-Druck zum Einsatz kommen.
Conditional repair by locally switching the thermal healing capability of dynamic covalent polymers with light
A. Fuhrmann, R. Göstl, R. Wendt, J. Kötteritzsch, M.D. Hager, U.S. Schubert, K. Brademann-Jock, A.F. Thünemann, U. Nöchel, M. Behl und S. Hecht
Nature Communications (2016), published online
DOI: 10.1038/ncomms13623
Kontakt
Prof. Stefan Hecht, Ph.D.
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Chemie & IRIS Adlershof
Tel.: 030 2093-7365
sh(at)chemie.hu-berlin.de