Exzellente Brückenbauer zwischen grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung
Joint Labs von FBH und HU machen Adlershof zum Zentrum der Quantenforschung
Kleine Teilchen, große Effekte. Das ist die Devise Forschender des Ferdinand-Braun-Instituts. Gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) schlagen sie in vier neuen Joint Labs die Brücke zwischen grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung. Was dabei herauskommt, ist weltweit einmalig, macht Adlershof zu einem Zentrum der Quantenforschung und zum Innovationstreiber für alltägliche Anwendungen.
Laser, Mobiltelefone, Satelliten, Navigation, medizinische Diagnostik – alles ohne Quantenphysik undenkbar. Was für den Laien sehr theoretisch und entfernt anmutet, ist von hohem praktischen Nutzen. Genau den wollen Forschende des Ferdinand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) in vier Joint Labs zur „Integrierten Quantentechnologie“ heben. „Unser Ziel ist es, Ideen aus dem Labor in industrietaugliche Lösungen zu überführen“, erklärt Koordinator und Lab-Leiter Andreas Wicht. Zu den Anwendungen der 2019 gegründeten Labore zählen die Quantensensorik, die Quantenkommunikation und das Quantencomputing.
„Wir decken alle großen Felder der Quantentechnologie ab, wodurch wir Brücken von der Grundlagenforschung zur Anwendung schlagen können“, betont Katja Höflich, die das Joint Lab „Photonic Quantum Technologies“ am FBH in Zusammenarbeit mit Arno Rauschenbeutel von der HU leitet. Schöner Nebeneffekt, der sich durch die Arbeit der vier Labs einstellt: „Unsere Expertise wächst“, betont die Physikerin. Was in dieser Form ohne die Kooperation mit anderen Wissenschaftler:innen, vor allem der Humboldt-Universität, nicht denkbar wäre.
Auf diesem fruchtbaren Boden gedeihen gute Ideen. Wobei die gesamte Wertschöpfungskette abgedeckt wird – von der Konzeptentwicklung und -demonstration über die Technologieentwicklung bis hin zu Produkten. „Forschende an Hochschulen haben nicht immer eine Anwendung im Blick“, weiß Wicht. „Das FBH, als technologisch orientierte Forschungseinrichtung, ist daher ideal, um etwa Ideen rund um quantenbasierte Halbleiter in funktionierende Komponenten und Systeme zu überführen.“ Die finden dann zuweilen, Huckepack auf Forschungsraketen, den Weg ins All. So wurde mit den Diodenlasermodulen der Adlershofer unter anderem das erste Bose-Einstein-Kondensat im Weltraum erzeugt.
Am Joint Lab „Quantum Photonic Components“, das Wicht leitet, werden schmalbandige und ultraschmalbandige Diodenlasermodule, Spektroskopie- und Verteilermodule entwickelt, die die Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet auf eine neue Ebene führen sollen. Daher ist auch von „Quantentechnologie 2.0“ die Rede. „Dazu erforschen wir neuartige Konzepte für Diodenlaser und Komponenten, insbesondere für den Einsatz im Weltraum“, erklärt Wicht. Etwa für die Satellitenkommunikation mit Lasern. Dieses Beispiel zeigt, wie flexibel sich derartige Technologien einsetzen lassen. Die Lasertechnologie, die eigentlich für den Betrieb von optischen Atomuhren entwickelt wurde, wird hier außerhalb der Quantentechnologien verwendet.
Wicht und sein Team sind aber auch in irdischen Sphären unterwegs: Sie loten neue Möglichkeiten der Mikromontage von Lasermodulen für Anwendungen aus, die auf Konzepten der Industrie 4.0 basieren. Der Physiker arbeitet mit Kooperationspartnern wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) daran, durch eine telerobotische Fertigung, die gestengesteuerte Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Werkzeuge nutzt, kostengünstig auch kleine Stückzahlen quantentechnologischer Module herzustellen. Etwa für die Navigation.
Katja Höflich entwickelt mit ihrem Team im Joint Lab „Photonic Quantum Technologies” neuartige chipbasierte optische Quantenbauelemente, die direkt mit optischen Fasern verbunden werden können. Sie arbeitet mit nanostrukturierten optischen Wellenleiterchips, die Licht in nie dagewesenem Maße konzentrieren und führen können. „Durch Bestrahlung mit fokussierten Ionen kann man diese Komponenten noch leistungsfähiger machen und zudem eine Quantenfunktionalität einbringen“, erklärt sie.
So geht exzellente Wissenschaft. Höflich formuliert das ungleich bescheidener: „Je nach Umfeld wird man anders definieren, was exzellent ist“, sagt sie. „Im universitären Umfeld strebt man nach Veröffentlichungen in hochrangigen Journalen, während wir am FBH Komponenten und Module liefern, die weltweit einzigartig sind.“ Was durchaus auch als allgemeingültige Definition des Begriffs „Exzellenz“ durchgehen kann.
Chris Löwer für Adlershof Journal