Radfahren ist ein Ausdauersport, der gut in meinen Arbeitsalltag passt
„Will keine Tour de France gewinnen. Es muss nicht immer höher, schneller, weiter sein.“
Marc hat beim Stadtradeln in diesem Jahr fast 2.000 km zurückgelegt, dicht gefolgt von Daniela und Silke. Das klingt nach Spitzensportlern und unerreichbar für Kolleg: innen? Weit gefehlt. In diesem Beitrag berichten drei Beschäftigte ganz unterschiedlicher Branchen aus Adlershof, wie sie das regelmäßige Radfahren für sich gewinnbringend entdeckt und zur Eigenmotivation entwickelt haben und geben gleichzeitig arbeitsalltagstaugliche sowie präventive Tipps zur Gesunderhaltung.
Kurz zurückgeblickt – Heute Radfahren für alle
Das Urfahrrad wurde „Schnellläufer“ genannt, denn es hatte keine Pedale und der Fahrer ging auf dem Fortbewegungsgerät. Das klingt sehr bewegungsintensiv, aber auch moderne Fahrräder bieten für jedes Alter sowie selbst gesteckte Ziele ein gutes Herz-Kreislauf-Training und unterstützen bei der gleichzeitigen Beanspruchung mehrerer Muskelgruppen. Darüber hinaus schont Radfahren „… die Gelenke, da bis zu 80 Prozent des Körpergewichts auf dem Sattel lasten.“, so der Kooperationspartner des Gesundheitsnetzwerks Adlershof.
Losradeln! – vom Sportmuffel zur Langstrecke
„Ich habe relativ spät mit dem Radfahren angefangen. War lange Zeit ein Sportmuffel und habe mich gar nicht bewegt. Irgendwann kam der Impuls und ich suchte einen Ausgleich zu meiner Bürotätigkeit. Aus anfänglichen kurzen Radtouren wurden schnell immer größere Touren. Meine allererste Tour mit dem Rennrad war dann auch gleich über 100 km lang. Ich war ohne vorher festgelegte Route unterwegs. Hatte absoluten Spaß und mich mächtig mit der Entfernung verschätzt, sodass es am Ende ziemlich zäh wurde und ich eigentlich weit über meinem damaligen Leistungsstand unterwegs war. Schnell lernte ich beim Fahren eine Menge von Leuten kennen und landete dann schrittweise beim Langstrecken fahren“, sagt Marc Alinski, Mitarbeiter der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V. und selbst ein erfolgreicher Blogger, der zu motivierenden Touren für Neueinsteiger:innen und Erfahrene aufruft.
Ebenso geschichtsträchtig, wenn auch nicht mit dem „Schnellläufer“, war Daniela Todd, tätig bei Berlin-Chemie, vor einigen Tagen von Wien nach Berlin unterwegs: „Die Distanzfahrt habe ich erfolgreich gemeistert und bin als erste Frau solo nach vier Tagen, vier Stunden und 58 Minuten in Tempelhof am Hauptzollamt angekommen (reine Fahrzeit war nur etwas mehr als zwei Tage). Die Route ist nachgebaut und das erste Rennen fand hier 1893 statt.“ In Etappen, also Teilzielen zu denken, war eines ihrer vielen Rezepte.
Trainingspläne? – Gemeinsam einfach beginnen
„Zu jedem Training gehört das Aufwärmen, das eigentliche Training und das Abkühlen.“ rät der Kooperationspartner des Gesundheitsnetzwerks Adlershof, der darüber hinaus ein 8-Wochen-Trainingsprogramm für Einsteiger:innen ins Radfahren bereithält und optimale Trittfrequenz nebst Trainingszeiten anrät.
„Das halte ich für zu kompliziert. Am einfachsten ist, wenn einen jemand Erfahrenes etwas an die Hand nimmt. Und dann einfach machen. Ich habe auch nicht alleine angefangen, Gefallen an längeren Strecken zu finden, und durch die Gemeinschaft habe ich gar nicht gemerkt, dass ich mir den Einstieg in eine Sportart erarbeite“, empfiehlt Silke Blessing, Mitarbeiterin der Allianz Campus Berlin.
Der Kollege der GFaI sieht das im unternehmensübergreifenden Netzwerk genauso: „Ich bin ehrlich gesagt kein Freund von Trainingsplänen. Der wichtigste Punkt am Radfahren für mich ist es, Spaß zu haben. Wenn ich alleine unterwegs bin, definiert sich der Spaß für mich durch abwechslungsreiche Strecken. Es gibt schon fast nichts Schöneres, als immer wieder neue Orte zu entdecken. Oft muss man dafür gar nicht weit von zu Hause weg.“ und erinnert sich an die vielen motivierenden Erlebnisse (wie ergänzende Bewegungseinheiten zwischendurch oder auch mal nebenbei Motorroller sicher überholen).
Todd gibt weitere Tipps: „Tendenziell finde ich den Ansatz mit dem Belastungspuls besser, als die Trittfrequenz vorzugeben. Sicherlich kann man eine erhöhte Trittfrequenz antrainieren, allerdings hat jeder eine eigene Wohlfühltrittfrequenz, meine liegt zum Beispiel bei circa 60-80 (je nach Steigung), das ist für andere zu wenig. Für Einsteiger: innen sollte der Puls bei 70 % des maximalen Belastungspulses angestrebt werden.“ und ergänzt selbstreflektiert: „Theoretisch klingt der Aufbau perfekt und sollte wahrscheinlich genauso umgesetzt werden, in der Praxis kann ich sagen, dass der Part mit dem Abkühlen und Dehnen von mir eher ausgelassen wird, sollte man aber eigentlich einbauen.“
Wofür ist Radfahren gut? Für Herz, Muskeln oder Geist?
„Im Verkehr muss man hellwach und fokussiert sein. Ich wüsste nicht bei allen Imponderabilien des Alltags, wie ich da sonst den Kopf frei kriegte. Außerdem ist der natürliche Impuls bei Stress die Bewegung, und das heißt man muss sich abreagieren. Das kann man ja mit dem Fahrrad ganz wunderbar in seiner Alltagsmobilität realisieren.“ Marc schließt sich diesem Statement von Silke an und ergänzt mit weiterer persönlicher und ebenso empathischer Erfahrung: "Für mich ist es ganz klar der Geist. Radfahren lässt mich die täglichen Probleme vergessen. Wenn ich morgens leicht grummelig aufstehe und dann meinen Weg zur Arbeit mit dem Rad zurückgelegt habe, dann habe ich hier ein Lächeln im Gesicht. Das merken die Kollegen. Auf dem Rückweg ist es dann genau umgekehrt. Sobald ich zu Hause bin, habe ich den Stress des Tages vergessen. Manchmal reichen dafür nur einige Kilometer, manchmal muss ich allerdings auch etwas weiter fahren, bis ich den Ausgleich gefunden habe. Vor Jahren wurde mir hier auf der Arbeit mal mein Fahrrad gestohlen. An dem Tag bin ich dann logischerweise mit der S-Bahn nach Hause. War ziemlich sauer und angefressen. Zu Hause habe ich mir dann ein anderes Fahrrad geschnappt und habe eine relativ zügige 2 Stunden lange Tour gemacht. Danach war ich dann wieder „ansprechbar“. Natürlich merke ich aber auch, dass ich durchs Radfahren seltener krank werde und sich meine körperliche Belastbarkeit verbessert hat. Gerade letzteres ist aber sehr speziell. Wenn ich zum Beispiel versuche zu laufen, dann quittiert mir mein Körper das relativ schnell mit Muskelkater. So schlimm, dass ich dann kaum noch gehen kann. Aufs Rad setzen geht dann allerdings immer noch. Schmerzfrei, egal wie weit." Daniela: „Ich habe erfolgreich mit dem Radfahren meinen Bluthochdruck gesenkt, fahre aber hauptsächlich für die mentale Entspannung. Nichts erholt mich mehr als eine lange Radfahrt, hier bin ich telefonisch nicht zu erreichen und mein Geist schaltet ab, perfekt nach einem anstrengenden Arbeitstag im Büro, die Bewegung ist Bonus.“
Zusammengefasst – Statements der Radelnden
„Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es mir wichtig ist, dass ich nicht darüber nachdenken möchte, ob ich die mir selbst gestellten Ziele auf dem Rad erreiche. Ich setze mich einfach aufs Rad und schaue, was passiert.“
„Wer einen stressigen Arbeitsalltag hat, wird feststellen, dass die Bewegung ein schöner Gegensatz ist, mental kann man gut abschalten und nebenbei gibts es viel zu sehen. Wer sich an der Natur erfreut und seine Routen abwechslungsreich gestaltet wird feststellen, das Radfahren alles andere als langweilig ist. Nebenbei wird man gesundheitlich und sportlich immer fitter, sodass die eine oder andere Herausforderung oder Streckenlänge plötzlich ganz machbar klingen und erfolgreich umgesetzt werden können. Ziele sollten anfangs nicht zu hochgesteckt werden, aus dem Nichts 200 km Radfahren mit vielleicht 3.000 hm sind unrealistisch, aber das sieht nach einem Jahr schon ganz anders aus, wenn man denn möchte und Gefallen dran gefunden hat.“
„Was ich allerdings empfehlen kann, ist es, die mentale Seite zu trainieren. Sprich auch mal im Regen, bei Hitze, mit viel Gegenwind oder auch nachts mit dem Rad fahren. Bei meinen großen, langen Touren habe ich diese Fähigkeit definitiv gebraucht. Ein Zeitfenster von 14 Tagen Länge, bei der die Wetterbedingungen immer ideal sind, ist sehr unwahrscheinlich. Bei meiner Frankreich Rundreise hatte ich zum Beispiel einen Tag mit Dauerregen. Dort wollte ich zuerst gar nicht fahren. Aber die Aussicht auf einen Tag im Hotelzimmer sitzen war auch irgendwie nicht lustig. Also bin ich gefahren. Über 200 km, quasi ohne längere Pause, weil es beim Stehen sofort richtig kalt wurde…“
„Die eigene Leistungsfähigkeit ergibt sich durchs viele Fahren von ganz alleine. Es ist vielleicht nicht die effektivste Art von Training, aber ich bin einfach nur ein Hobbysportler. Will keine Tour de France gewinnen. Es muss nicht immer höher, schneller, weiter sein.“
„Gerne möchte wir diese und weitere Praxiserfahrungen von Beschäftigten stärker unternehmensübergreifend in den Mittelpunkt stellen; denkbar wäre ein ergänzender Live-Impuls mit Dialog“, so das Gesundheitsnetzwerk Adlershof. Die drei Blog-Beitragenden stellen ihre gesundheitsunterstützenden Erfahrungen, für alle interessierten Beschäftigten zur Verfügung und motivieren bestimmt weiterhin ihre Kolleg:innen und die Leser:innen zur gemeinsamen Teilnahme an kleinen und großen Challenges im Zusammenspiel von Bewegung und Resilienz.
Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.
Daniela Todd, Silke Blessing und Marc Alinski zum Thema Mobilität/Mobilisierung